For your ears only: Chris Brokaw privat
Text: Julia Kussius Fotos: Sandra Kriebitzsch
Schon der Empfang im Hamburger Theater- und Kunsthaus Kampnagel ließ einen
ganz besonderen Abend erahnen. Während das Theaterpublikum gerade eine gut
besuchte Vorstellung verließ, wurden die kulturell Interessierten per Lautsprecherdurchsage
auf das noch bevorstehende Konzert von Chris Brokaw hingewiesen. Dies hatte weniger
eine eigens inszenierte Kulturkombination als Ursache, denn viel mehr den Hintergrund,
dass Herr Brokaw in der Lokalpresse falsch, schlecht oder gar nicht angekündigt
wurde, sein Soloauftritt also vor ca. drei (!) Personen hätte stattfinden
müssen, wäre da nicht der eine oder andere Neugierige dem öffentlichen
Aufruf gefolgt.
Über die genauen Gründe für von Konzertgästen vernachlässigte
Auftritte - doch zumindest in Insiderkreisen - namhafter Musiker soll an anderer Stelle
diskutiert werden. Fakt ist, dass Chris Brokaw nicht nur in seiner Funktion als
Bandmitglied von Codeine, Come, The New Year, Consonant, der Evan Dando Band und
anderen, sondern auch als Soloreisender mit Gitarre, Tamburin und kleinem Effekt
so manchen Fan aus der warmen Stube locken kann (was z.B. auf seiner letzten Tour
im Vorprogamm von Evan Dando bereits unter Beweis gestellt wurde) – und
dies, wie der Abend auf Kampnagel ein weiteres Mal bewies, völlig zu Recht!
Professionell war nämlich nicht nur Chris Brokaws Umgang mit der Zahl der
Anwesenden, sondern auch sein virtuoses Spiel mit der Gitarre. Im Gegensatz zu
der Vorstellung mancher, die den Tausendsassa in bewegte Postrock-Ecken stecken
oder in gewaltige Soundeskapaden verwickelt sehen möchten, gestaltete sich
der Auftritt als akustisch inspirierter Gitarrist eher sanft und rhythmisch. So
sympathisch der Solokünstler sein Instrument anstimmte, so variationsstark
und begeisternd klangen die dazugehörigen Kompositionen. Man musste kein
Musiker sein, um sofort zu verstehen, dass hier einer der ganz Guten eine kleine
Vorstellung seines weitaus breiter angelegten Repertoires zwischen Postrock und
Folk, Song und Track gab, ohne dabei anspruchsvoll mit elitär zu verwechseln.
Seine Singer/Songwriter-Performance war weder emotional überladen, noch intellektuell
überstrapaziert, sondern überzeugte schlicht und ergreifend musikalisch.
Nicht mehr und nicht weniger.
Als Signore Brokaw schließlich nach seinem Konzert erzählte, dass er
alleine mit dem Zug von Auftritt zu Auftritt reise, klang das selbst dann
nicht nach einer romantischen Masche, sondern einfach sympathisch und absolut
glaubwürdig. Wer mehr hören möchte, ist mit seinen beiden letzten
Soloveröffentlichungen bestens beraten, das breite musikalische Spektrum
kennen zu lernen. Während "Red Cities" als Instrumental-Album
eher die vielschichtige postrockigere Seite beleuchtet, offenbart "Wandering
as Water" das Singer/Songwriter-Können von Chris Brokaw.
Links:
>> Homepage Chris Brokaw
>> Audio/Video bei 12xu.net
>> Interview bei gaesteliste.de
Red Cities
|
Wandering as Water
|
|
Chris Brokaw
|